Samstag, 29. Oktober 2022

Montréal

Montréal Kanada Städte

Kleiner Abstecher in den "französisch"-sprechenden Teil von Kanada.

Anflug Auf Montréal
Café Columbus
Montréal 30

Die Anreise

Der kurze Flug nach Montréal war im Nu hinter uns. Der Bus 747 (jup war ein Bus und kein Flugi 😉) brachte uns in die Innenstadt. Dort angekommen, verbrachten wir einen ganzen Tag im Café um die Ecke vor unserer nächsten Unterkunft. Leider konnten wir erst spätnachmittags in diesem Airbnb einchecken und mit knapp 40kg Gepäck pro Person (vorne und hinten zugepackt) wollten wir nicht die Stadt erkunden. Und der nächste Lockerraum war zu weit weg. Also nutzen wir die Zeit im Columbus Café um den Blogbeitrag für Cape Breton zu schreiben und damit unseren wunderbaren Roadtrip durch Nova Scotia nochmals Revue passieren zu lassen.

Auf mehrfaches Nachfragen erhielten wir um den Checkin-Zeitpunkt herum stückchenweise die Infos, wie wir in das Airbnb kommen und welches genau die Wohnung ist. Beim Betreten der Wohnung schlug uns bereits kalter Zigarettenrauch gemischt mit dem süsslichen Duft eines Raumerfrischers entgegen. Nicht gerade ein Aufsteller nach dem mühsamen Einchecken. Ein kurzer Überblick des Bades ergab, dass offenbar noch die Badetücher etc. vom Gast zuvor dort waren und es keine frischen Tücher gab. Immerhin war im Schlafzimmer das Bett frisch gemacht, wenn auch mit löchrigem Lacken. Nach einer mehrstündigen Raumdurchlüftung und neuen Badetüchern, welche die Airbnb-Inhaberin uns brachte, fühlten wir uns etwas besser. Das so toll angepriesene WLAN erwies sich als die lahmste Krücke, die wir bis jetzt erlebt hatten. Nur dank Simon's Datenvolumen für Kanada konnten wir über den Hotspot seines Handy uns Montréal mal etwas genauer anschauen auf Google Maps und die nächsten Tage planen. Jedenfalls haben wir aus dieser für uns ersten nicht tollen Airbnb-Erfahrung gelernt: Buche nie ein Airbnb, für das es noch keine Reviews gibt und das "Neu" auf der Plattform ist. Mögen die Bilder noch so toll aussehen, lass es sein 😳🙈.

Französische Dame
Englischer Herr
Notre Dame In Montréal
Montréal 22
Montréal 19

History Walking Tour of Old Montreal

Um mehr über Montréal und vor allem auch die kulturelle Verschmelzung zwischen Franzosen und Engländern zu erfahren, buchten wir über Tripadvisor eine Tour durch das alte Montréal. Martin, unser Tour-Guide, erschien pünktlich und nahm uns und die zwei amerikanischen Päärchen sofort mit auf den Rundgang. So lernten wir in den folgenden Stunden sehr viel über die Entstehung des heutigen Kanadas und die Unterdrückung der französischen (bzw. heute französisch-sprechenden) Minderheit, welche bis in die späten 1960er aufrecht erhalten blieb. Unsere amerikanischen Begleiter lernten auf der anderen Seite, dass sehr viele ihrer grössten Städte und Marken auf französische Siedler aus dem heutigen Montréal zurückzuführen sind. Die bekannteren Beispiele sind natürlich New Orleans, Batton Rouge und Louisiana. Aber, dass z.B. der Autobauer Cadillac nach einem der Gründerväter von Detroit (ursp. “Détroit”, Meerenge) aus Montréal benannt wurde, war auch für uns neu. In den Gesichtern unserer Begleiter machte sich dagegen etwas mehr Unbehagen breit, wurden doch diverse ur-us-amerikanische Werte plötzlich als französische entlarvt.

Während wir Martin durch die (französische) Altstadt begleiteten, erfuhren wir nun endlich auch, wieso das kanadische Französisch für uns oft so unverständlich klingt: nachdem die Franzosen von den Briten in den 1760er Jahren in Kanada geschlagen wurden, blieben nur rund 10’000 französische Siedler in Nordamerika zurück. Diese wurden in ihren Rechten stark eingeschränkt und hatten keinen oder wenig Kontakt mit Frankreich. Als in der alten Heimat rund 20 Jahre später die Revolution ausbrach, änderte sich das ursprüngliche, von diversen Dialekten geprägte Französisch, langsam zu seiner heutigen Form. In der isolierten, kanadischen Bevölkerung kamen diese Änderungen aber kaum an. Natürlich schaffte diese Sprachrevolution später ebenfalls den Sprung über den grossen Teich, jedoch nie im selben Ausmasse. Und so sprechen die Kanadier heute eigentlich eine ursprünglichere Variante des Französischen als die Europäer. Da gerade auch die Aussprache noch altertümlich ist, fällt es uns heute schwierig die Franco-Kanadier zu verstehen.

Während wir weiter zu, eher belanglosen, Gebäuden und Plätzen geführt wurden, ging Martin auch nochmals auf die Unterdrückung der französisch-sprechenden Kanadier ein. So war es bis in die 1960er Jahre so, dass Montréal in einen englischen und einen französischen Teil unterteilt war. Alle Ortsschilder, Gesetze, Texte und andere Schriftstücke waren ausschliesslich in Englisch verfasst. Ausserdem fanden sich in hohen Posten bei Versicherungen, Banken oder anderen grossen Betrieben, beinahe ausschliesslich “Engländer” wieder. Dies demonstrierte uns Martin auch bildlich in einer ehemaligen Bank. Dort gibt es eine goldverzierte Gedenktafel, auf der die im Ersten Weltkrieg gefallenen Bankiers verewigt wurden. Unter den sicher 80 Namen gibt es keinen einzigen französischen. Glücklicherweise hat sich dies jedoch seither stark verändert und so können heute auch Franco-Kanadier studieren und Karriere machen. Ausserdem ist Französisch die offizielle Sprache im ganzen Staat Québec und alle Ortsschilder, Schulen und Publikationen wurden seither angepasst.

Aus unserer Sicht hat sich jeder kanadische Dollar für diese Führung gelohnt, wenn auch die eigentlichen Gebäude nicht so berauschend waren. Nur schon für die kurze Übersicht über die bewegte Geschichte von Montréal, Québec und Kanada sind wir Martin sehr dankbar!

Eindrücke aus Montréal

Wir Vor St.Joseph Oratory
St. Joseph Oratory
St. Joseph Oratory 13
St. Joseph Oratory 8

Ausflug zum St. Joseph Oratory

Unübersehbar zuoberst am Mount Royal, dem Hausberg von Montréal (also eigentlich ein Hügel 😊), steht das St. Joseph Oratory. Die Basilika wurde vom heiligen Bruder André Bessette 1904 zu Ehren seines Schutzpatrons dem heiligen Joseph gegründet. Während sechs Jahrzehnten wurde die Kirche stetig erweitert über mehrere Etagen hinweg. Auch heute wird wieder gebaut, aktuell an den Aussenanlagen. Nach einem längeren Spaziergang quer durch Montréal und den Mount Royal  besuchten wir den imposanten Bau. Leider machte die Tourismusbranche auch vor diesem Heiligtum nicht halt. So gibt es beispielsweise eine riesige Kantine, in der Fastfood und asiatisches Essen verkauft wird, ein Museum und einen Souvenirladen in bunkerähnlichen Zwischenebenen. Verbunden sind all diese “Attraktionen” standesgemäss mit Liften und Rolltreppen. Wie in der U-Bahn 🤷🏻‍♂️. Immerhin ist die Hauptkirche aus den 1960er und die etwas ältere Crypta noch im Originalzustand.

St. Joseph Oratory

Biodome 2
U Bahn
Biodome 7

Biodôme Montréal

Da wir nach dem Besuch beim St. Joseph Oratory vor dem Eindunkeln noch einige Stunden Zeit hatten, machten wir uns mit der U-Bahn auf den Weg in den Olympia-Bezirk von Montréal. In einem der Gebäude der Sommer-Olympiade von 1976 ist heute der Biodôme von Montréal untergebracht. In diesem Biodôme können die Besucher durch Nachbildungen von vier Ökosystemen Amerikas spazieren: 

  • “Tropical Forest”: eine Nachbildung des südamerikanischen Regenwaldes.
  • “Laurentian Forest”: eine Nachbildung der nordamerikanischen Wildnis.
  • “Saint Lawrence Marine Eco-system”: ein Mündungshabitat, das dem Golf von Sankt-Lorenz nachempfunden ist.
  • “Sub-Polar Region”: ein nachgebildeter Lebensraum, der in Arktis und Antarktis unterteilt ist.

Fauna & Flora im Biodôme

Die paar Tage in Montréal gingen schnell vorbei. Leider hatten sich die vielen Laubbäume, welche es in der Stadt und der Umgebung gibt, bei unserer Ankunft ihrer farbigen Pracht schon entledigt. Auch blieb uns nicht genügend Zeit, um die Stadt im Untergrund genauer anzuschauen, wenn wir auch einige Abschnitte davon gesehen hatten. Da es in Montréal im Winter sehr kalt und windig ist, sind grössere Teile der Stadt untergraben und mit Einkaufszentren, Essensmöglichkeiten und Gängen, die alles verbinden, ausgerüstet. Noch bevor die Sonne an unserem letzten Tag in Montréal aufgegangen war, befanden wir uns schon wieder auf dem Weg zum Flughafen um zur nächsten Station zu reisen.