Sonntag, 12. Februar 2023
Nordwärts Richtung Outback
Von Zauberern, Siedlern und wilden Tieren.
Melbourne
Nachdem wir in 6.5h im wohl engsten Eco-Flug der Welt dem Regen von Bali entflohen waren, landeten wir früh am Morgen in Melbourne. Da wir erst einige Stunden später in unserem Airbnb einchecken konnten und das “Essen” im Flugzeug einfach ungeniessbar war, widmeten wir uns zuerst der Nahrungsaufnahme. Stunden später öffneten sich dann die Türen unserer Unterkunft in einem Vorort von Melbourne. Bevor sich die sehr kurze und bescheidene Nacht im Flugzeug vollends rächte, fütterten wir die vorhandene Waschmaschine mit unseren muffigen und vor allem feuchten Kleidern (merci Bali ❤️).
Nach einer sehr langen und erholsamen Nacht machten wir uns dran mehr vom Stadtzentrum von Melbourne zu sehen. Interessanterweise scheint der “CBD” (central business district), wie das Stadtzentrum auch hier genannt wird, für eine Stadt dieser Grösse eher klein. Dafür lohnt sich ein Besuch in einem der angrenzenden Gärten (“Treasury Gardens”, “Fitzroy Gardens”, “Carlton Gardens”, etc.).
Kleiner Tipp am Rande: es gäbe diverse Tramlinien, jedoch sind diese mit ca. 6$ pro Person / Weg relativ teuer und die Tickets müssen vorgängig in einem 7-Eleven o.ä. gekauft werden. Es ist nicht möglich ein Billett an der Haltestelle oder im Tram zu kaufen. Schlussendlich ist ein Uber nur wenig teurer, gleich schnell und viel komfortabler. Tipp Ende 🙃.
Unser Highlight war aber das Abendessen bei “The European”, bzw. der nachträgliche Besuch im “The Princess Theatre”. Auf Bali entdeckte Simon, dass es ein achtes Buch der “Harry Potter”-Serie gibt, wobei es sich aber um ein Theaterstück und nicht um einen Roman handelt. Wie es der Zufall so will, ist Melbourne einer von weltweit sechs Orten wo dieses Stück aufgeführt wird. Und so stand etwas Kultur auf dem Abendprogramm 🤓. Auch wenn die Geschichte des Stücks etwas “speziell” ist, so war es optisch eine Wucht! Einige Effekte hätten so auch direkt in einem Film vorkommen können! Und auch die Schauspieler überzeugten mehrheitlich, wenn auch einige von ihnen einen gar starken “Aussie”-Dialekt an den Tag legten 😵💫.
Nach diesen gemütlichen und spannenden Tagen in Melbourne, mussten wir uns am Tag vor der Abreise schon fast überwinden, die ersten Abschnitte unseres bevorstehenden Camper-Roadtrip zu planen. Und dennoch: die Wildnis Australiens rief uns! 🇦🇺🦘🦜🏕️
Unterwegs mit dem Camper
Mit einem Kribbeln im Bauch und etwas nervös machten wir uns via Uber auf, um bei Apollo in der Nähe des Flughafens von Melbourne unseren Camper abzuholen. Wir hatten beide noch nie so ein grosses und vor allem auch breites Vehikel gefahren. Bei unserem Camper handelt es sich um einen Toyota Hilux mit einem Aufbau hinten inkl. Rooftop-Zelt, Apollo nennt diesen „Adventure Camper“.
Noch etwas unsicher, wie viel Platz das Gefährt in der Spur einnimmt und wie weit man ausholen muss, steuerten wir den Camper stadtauswärts zu unserem ersten Ziel 🚐🙃. Aufgrund seines Gewichts und den klotzigen Aussenmassen gaben wir unserem neuen Gefährt kurzentschlossen den Spitznamen „Muggerli“ 😊.
Swan Hill
Das erste Ziel unseres Roadtrips durch Australien war Swan Hill, eine kleinere Gemeinde rund 350km nordwestlich von Melbourne. Hier steuerten wir direkt zum örtlichen Campingplatz, in der Hoffnung noch einen Standplatz zu finden, da wir unseres Wissens bereits eine Viertelstunde zu spät waren für das letzte Einchecken. Zu unserer Bestürzung stand dann an der Eingangstür zum Büro des Campingplatzleiters noch ein früherer letzter Eincheck-Zeitpunkt als auf Google Maps: Wir waren eine ganze Stunde zu spät 😳! Auf gut Glück riefen wir die angegebene Telefonnummer an. Zum Glück wohnte das ältere Päärchen, dem der Campingplatz gehört, direkt neben der Rezeption und liess uns doch noch Einchecken 🥳.
Das erste Mal die Batterie für den Kühlschrank, Licht etc. aufladen, Wasser tanken und Rooftop-Zelt ausfahren hat wunderbar geklappt. Glücklich über den super Start unseres Roadtrips mit dem Camper und gesättigt, durch die auf dem Campinggas-Kocher zubereiteten Teigwaren, begaben wir uns zur Ruhe. Natürlich nicht ohne vorher den wunderschönen Sonnenuntergang und die zahlreichen, farbigen Vögel 🦜 auf den umliegenden Bäumen bewundert zu haben 🤗.
Wie in alten Zeiten
Der Grund, weswegen wir eigentlich nach Swan Hill gekommen waren, zeigte sich am nächsten und auch übernächsten Tag in „Pioneer Settlement“. Dabei handelt es sich um ein Dorf innerhalb von Swan Hill, das einen Einblick in das Leben zu Pionier-Zeiten geben soll. Gegründet im Jahr 1962, zeigt sich „Pioneer Settlement“ heute als eine Ansammlung von Häusern aus dieser Zeit von ganz Australien, die abgebaut und in Swan Hill wieder aufgebaut wurden, oder entsprechenden originalgetreuen Nachbauten. Ausgestattet ist die Ansiedlung mit Gebrauchsgegenständen, Maschinen, Fuhrwerken, Fahrzeugen etc. Richtig lebendig wird das Ganze durch die Angestellten, welche in Kleidung aus dieser Zeit, dort mit den alten Gegenständen arbeiten und diese auch restaurieren 😊. Wir waren ganz begeistert all diese Dinge im Originalzustand und in Gebrauch sehen zu können 😃! Auch hier begegneten uns wieder farbige Vögel namens Corella in ganzen Schwärmen 😊.
Pioneer Settlement
Australische Strassen, Lektion 1
Nach zwei wunderschönen Tagen, welche wir in Swan Hill im „Pioneer Settlement“ verbrachten, ging unsere Reise weitere 250km nordwestlich nach Mildura. Unterwegs trafen wir zum ersten Mal auf eine interessante Eigenart der australischen Verkehrsregelung. Gerade als Simon sich langsam wohl fühlte mit unserem, für unsere Verhältnisse, riesigen Gefährt (es war seine erste Fahrt), hielt der Camper vor uns in einer Kurve mitten im nirgendwo einfach an. Etwas verwirrt bremsten auch wir. Aber als nach einigen Sekunden nichts passierte, scherten wir aus und überholten das mobile Verkehrshindernis. Doch als wir auf der selben Höhe des stehenden Vehikels waren, sahen wir den Grund für den Stopp: ein Rotlicht. Peinlich berührt, aber mit schneller Reaktion quetschten wir uns in die Poleposition vor dem Signal. 🫣 Dieses schaltete auch sogleich um und wir fuhren weiter. Einige Kilometer später hielten wir an einer Raststätte für eine kurze Pause, als auch unser ehemaliger Vordermann stoppte. Simon ging auf den Fahrer zu und entschuldigte sich. Aus unserer Perspektive konnten wir weder das Rotlicht noch die Beschilderung, neben dem Rotlicht stehend, sehen. Der ältere Herr lachte laut und meinte, dass ihm seine Frau genau dies auch so begründet hätte, er selbst sei der Meinung gewesen, dass dieser Teufelskerl einfach unbedingt vor ihm sein wollte. 😂 Wir hatten auf alle Fälle unsere Lektion gelernt: in Australien gibt es geschätzt alle 10km irgendwelche „road work“. Manchmal mit Rotlicht, manchmal ohne. Dieses ist auch nicht immer beschildert oder wie in diesem Fall, erst wenn es soweit ist. Wenn man also eine verträumt parkierten Auto mitten im nirgendwo begegnet: halten und abwarten! ☝🏻🤓
Unterwegs nach Mildura
Mildura
Endlich heil in Mildura angekommen, lernten wir die nächste Lektion im Camper-Leben: Nicht alle Campingplätze und deren „Amenities block“ (Duschen und WCs) sind so sauber wie unser erster in Swan Hill. 🙈 Nun ja, schliesslich waren wir hier in Mildura auch nur um unsere Lebensmittel aufzufüllen und eine Nacht zu schlafen. Am nächsten Tag sollte die Fahrt bereits weitergehen in den nahe gelegenen Nationalpark 😌. Wie auch schon in Swan Hill liessen wir uns auch hier und der abwechslungsreichen Vogelwelt verzaubern! Die Artenvielfalt in Australien ist einfach umwerfend! 😃🦜
Auf in den Nationalpark
Nach einem feinen Morgenessen packten wir alles zusammen und fuhren stadtauswärts in Richtung Mungo National Park. Schon nach kürzester Zeit bogen wir auf eine Strasse ab, die nach ein paar Kilometern in eine „unpaved street“ (eine Strasse aus grösstenteils Erde) überging. Mit dem eingeschalteten 4WD-Mode kam unser Muggerli hier problemlos durch. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Strasse komplett trocken war. Denn wenn es regnet oder auch nur einige Tage davor geregnet hat, ist diese Strasse eine reine Schlammwüste und darf nicht befahren werden 🫣.
Unterwegs zum Nationalpark
Jedenfalls holperten wir ca. 70km, Kängurukadavern ausweichend und anhaltend für Ziegen mitten auf der Strasse, durchs Niemandsland bis zu einem Abzweiger zur Mungo Lodge. Nach einem ausgiebigen Mittagessen erzählte uns die freundliche Bedienung, was es alles im Nationalpark zu sehen gibt und wie wir dahin kommen. Schliesslich verabschiedeten wir uns ausgerüstet mit einer kleinen Karte von der Dame und fuhren weiter zum Visitor Center. Soweit wir online auf der Webseite des Nationalparks verstanden hatten, musste man sich hier anmelden, wenn man den Nationalpark betreten und im Main Campingground übernachten wollte. Dort angekommen, fanden wir tatsächlich das Center, doch es liess sich niemand blicken. Wir schauten uns in aller Ruhe die kleine Ausstellung über in der Region gefundene Gegenstände und dazugehörige Geschichten an und verliessen dann das Visitor Center wieder. Genau als wir abfahren wollten, bog ein Fahrzeug mit Mitarbeitern des Nationalparks auf den Parkplatz ein. Nach kurzer Befragung, meinten diese, dass alles in Ordnung wäre, wenn wir online gebucht hätten und wir uns nicht anmelden müssten! Immerhin bestätigten sie den von Hand gezeichneten Papierplan der Dame aus der Lodge und meinten es sei alles beschildert, wir könnten es nicht verpassen 🙃.
So holperten wir weiter und machten uns auf die kleine Rundfahrt durch den Nationalpark. Die grosse, über 70km lange Rundfahrt ist leider seit bald 3 Jahren gesperrt, da nach einem sehr starken Regenguss auf der Route diverse Feuerstellen etc. aus der Frühzeit der Aborigines gefunden wurden und diese derzeit archäologisch untersucht werden. Voller Entdeckergeist fuhren wir durch die Gegend und entdeckten auch schon bald in der Nähe einer alten Ruine die ersten Kängurus🦘🤗! Aufgeschreckt durch das Motorengeräusch hüpften diese mit langen Sprüngen davon durchs Dickicht. Weiter ging die Fahrt durch den ausgetrockneten, mit Gras bewachsenen Lake Mungo, wo wir ganze Familien von Emus entdeckten, die friedlich in gemächlichem Tempo weideten. Diese liessen sich auch nicht durch unsere Anwesenheit stören und so konnten wir uns die grössten Vögel Australiens in aller Ruhe aus der Nähe betrachten 😃.
Nach einigen weiteren Kilometern führte uns eine Abzweigung zu den „Walls of China“, einer sehr imposanten Gesteinsformation. Soweit wir beurteilen konnten, handelte es sich dabei um das ehemalige Seeufer. Wie man den Informationstafeln entnehmen konnte, war der Lake Mungo mit einer Maximaltiefe von 15m einer von ehemals dreizehn Seen, die durch den Willandria-Fluss vor 60‘000 Jahren gespiesen wurden. Vor 17‘000 Jahren trockneten diese Seen dann vollständig aus. Auch heute sind ausgetrockneten Kanäle und Seen noch klar sichtbar.
Zum krönenden Abschluss schliefen wir für kleines Geld im Main Camping-Platz des Nationalparks. Dort erlaubten uns einige Kängurus, dass wir sie aus knapp 2m Entfernung betrachten und fotografieren konnten 🤗. Ein wunderschönes Erlebnis!
Mungo National Park
Unsere Route
Nach diesen ersten, wunderbaren Kilometern in Australien wurde es Zeit weiter Richtung Norden zu ziehen. Bereits auf diesem ersten Abschnitt wurde die Landschaft um uns herum mit jedem gefahrenen Kilometer trockener und staubiger. Outback wir kommen!