Mittwoch, 2. November 2022
Toronto & Niagara-Fälle
Besuch der Hauptstadt vom Staat Ontario und der Niagara-Fälle.
Galina‘s Airbnb
Ein kurzer Flug mit Air Canada brachte uns von Montréal nach Toronto. Nach unserem nicht so tollen Airbnb-Erlebnis in Montréal schritten wir nach einer kurzen Zug- und einer etwas längeren Busfahrt etwas misstrauisch auf das Airbnb in einem Aussenbezirk von Toronto (Etobicoke) zu. Auf der Plattform war diese Unterkunft jedoch in allen 177 Reviews mit 5 von 5 Sternen und als super mit einer tollen Gastgeberin bewertet worden 🧐. In der ganzen Gegend waren die Häuser für Halloween geschmückt.
Auf Basis der vorher erhaltenen Informationen konnten wir dann auch problemlos in das kleine Appartment im Souterrain einchecken. Alles war sehr sauber, es gab diverse flauschige Badetücher, der Kühlschrank war mit etwas Essen für uns gefüllt und es gab sogar einen Kamin, der mit Gas betrieben wurde und eine wohlige Wärme verströmte, sowie eine Waschmaschine und einen Tumbler. Etwa 15min nach dem Einchecken kam Galina, die Gastgeberin, herunter, begrüsste uns sehr freundlich und zeigte uns alles. Die Unterkunft war wirklich eine Wucht! Wir haben beide schon viel kleinere Mietwohnungen in der Schweiz gesehen, als wir hier im Airbnb zur Verfügung hatten. Wunderbar!
Am nächsten Abend klopfte Galina an der Tür und brachte uns sogar selbstgebackenen Apfelkuchen und wir quatschten noch ein wenig mit ihr. Dabei erfuhren wir, dass sie ursprünglich aus der Ukraine stamme und mit viel Sorge beobachte was in Europa geschehe. Diese Sorgen konnten wir mit ihr gut teilen…
Am letzten Abend bot uns unsere Gastgeberin sogar an, uns am nächsten Morgen früh an den Flughafen zu fahren, damit wir mit unserem Gepäck nicht mehrfach umsteigen müssten 🤗. Das war mit Abstand das beste Airbnb in welchem wir bis jetzt abgestiegen sind. Wir würden es ohne weiteres jedem empfehlen, der in der Region Toronto übernachten möchte. Galina ist eine fantastische Gastgeberin!
Toronto Downtown
Unser Ausflug in Toronto Downtown begann nach einem selbstgemachten Rührei und anderen Köstlichkeiten aus dem von Galina gefüllten Kühlschrank. Der Bus brachte uns zur Station Weston und von dort ging es mit dem UP-Express (Union Pearson Flughafen-Express) zur Union Station in Downtown Toronto. Nachdem wir uns Tickets für unseren Ausflug zu den Niagara-Fällen am nächsten Tag besorgt hatten, konnte die Entdeckungstour beginnen. Als erstes stand ein Besuch des CN-Tower auf dem Programm, von welchem man eine super Übersicht über ganz Toronto und Umgebung haben soll. Dort angekommen, wies uns die freundliche Dame auf die Live-Kamerabilder auf dem Bildschirm vor ihr hin, auf denen man ausser einer grauen Nebelwand nichts ausmachen konnte. Etwas enttäuscht, aber dankbar, dass die Frau uns den Eintrittspreis erspart hatte, spazierten wir weiter. Unser Weg führte uns vom Churchill-Denkmal, zum alten und neuen Stadthaus bis hin zur altehrwürdigen Universität von Toronto und wieder zurück durch Downtown. Die Stadt ist sehr gross und ganz im Gegensatz zum gemächlichen Landleben in Nova Scotia scheinen hier wie auch in Montréal alle permanent unter Stress zu stehen.
Eindrücke von Toronto
Niagara Falls
Früh morgens, weit, weit vor Sonnenaufgang, machten wir uns auf den Weg die weltbekannten Niagara-Fälle zu besuchen. Da wir kein Auto gemietet oder eine geführte Tour gebucht hatten, waren wir auf die nur einmal (!) morgens und abends täglich fahrende, direkte Verbindung von Toronto in den Ort Niagara Falls angewiesen. Dafür war der Zug verhältnismässig gut im Schuss und die Sitze waren bequem. Ähnlich wie wir das schon in Japan erlebt haben, sind die Sitze, wie in einem Flugzeug, nur nach vorne ausgerichtet. Dazu gibt es noch einen kleinen Speisewagen / Kiosk und theoretisch sogar gratis WLAN. Letzteres wäre wahrscheinlich gedacht, um sich die rund 2.5-stündige Fahrt zu verkürzen. Wie schon im Flughafen Express (UP-Express) hat das aber nicht geklappt. So blieb uns genügend Zeit um aus dem Fenster zu schauen und an einigen Blogbeiträgen zu werkeln.
Im Ort Niagara Falls angekommen, waren wir erst einmal etwas geschockt: der Bahnhof wirkte winzig und etwas aus der Zeit gefallen. Das Restaurant gleich auf der anderen Seite der Strasse schien schon seit Jahren geschlossen zu sein und das selbe Schicksal schien auch die ehemaligen Läden entlang der Strasse zum Dorf ereilt zu haben. In etwa so musste sich Claire Zachanassian vorgekommen sein, als sie in „Der Besuch der alten Dame“ in Güllen aus dem Zug gestiegen war. Dennoch zog uns der Hunger und Durst hin in diese etwas trostlose Gegend, gen Dorfkern zu. Bereits nach wenigen Metern wurde unser Spaziergang von Weihnachtsmusik, welche aus den Lautsprechern an den Strassenlaternen dröhnten, begleitet. Halloween war ja auch schon gut 10 Stunden vorbei und nach dem Feiertag ist ja bekanntlich vor dem Feiertag… 🙄 Nach einem okayen Capuccino und einem miserablen Espresso (mit Chai-Sirup 🤢), wollten wir nun aber endlich die Wasserfälle sehen.
Bereits nach wenigen Minuten sahen wir diese auch in der Ferne, bis wir aber wirklich dort angekommen waren, dauerte es gut 30 Minuten zu Fuss. Unterwegs kamen uns nur sehr wenige Fussgänger entgegen. Kanada halt 🤷♂️ Nun aber zu den Niagara Fällen… wir haben lange überlegt wie und was wir schreiben sollen aber am Ende müssen wir festhalten, dass wir uns etwas mehr erhofft hatten. Die Fälle sind imposant, ohne Zweifel, aber im Vergleich zum Rheinfall eher unaufregend oder gar langweilig. Vielleicht lag es am nebligen, leicht regnerischen Wetter, vielleicht an unseren grossen Erwartungen, aber umgehauen hat uns der Anblick nicht.
Eindrücke von Niagara Falls
Was uns dagegen umgehauen hatte, waren die Essenspreise im Rainforest Café in der Nähe (150 kanadische Dollar für einen Burger, eine „Pizza“, einen Drink und Nachos). Als wir uns also, halb komatös, aus diesem Etablissement geschleifft hatten, folgte der nächste Hammer: die Strassen sahen plötzlich aus wie im Disneyland. Etwas perplex ob wir nicht beim Verlassen des Restaurants falsch abgebogen waren, machten wir uns denoch auf den Weg durch Downtown Niagara Falls. Nach gut 15min bunter Blitzlichter, dröhnender Musik, animierten Puppen und farbigen Häusern standen wir wieder im Niemandsland der vielen Vorstadtshäuser zwischen Downtown und dem Bahnhofsviertel. Uff!
Etwas früher als erwartet fanden wir uns alsdann wieder im Bahnhof ein. Dies stellte sich als „Glücksfall“ heraus, da nur wenige Minuten nach unserer Ankunft die Info verlautbart wurde, dass unser Zug eine unbekannte Verspätung hat, da der Motor irgendwo zwischen New York und Kanada den Geist aufgegeben habe und zuerst ein neuer Motor herbei geschafft werden müsse. Mindestens betrage die Verspätung zwei Stunden. Einzige Alternative: ein Bus, welcher in 10min fahren würde, und dann irgendwo umsteigen auf den Pendlerzug nach Toronto. Dafür werde dann das ursprüngliche Ticket rückerstattet. In Windeseile leerte sich das kleine Gebäude und der Busbahnhof füllte sich. Da wir wussten, dass auch die Ersatzroute noch viele Stunden in Anspruch nehmen würde, blieben wir zurück. Nach einigen Minuten sahen wir uns um und bemerkten, dass wir noch zu viert im Bahnhof sassen. Und dann, nach einigen weiteren Minuten, öffnete sich die Tür zum Bahnhof erneut und in der Abendsonne stand er, der Retter der Stunde: Mohan der Taxifahrer. Nach einem kurzen Gespräch mit einer blonden Dame kamen die beiden zu uns rüber und sinnierten, ob wir nicht ein Taxi teilen möchten. Mohan würde uns auch einen guten Preis machen (50 CAD pro Person) und die Fahrt würde nur rund 1.5h in Anspruch nehmen. Ohne gross zu zögern stimmten wir dem Angebot zu. Auch die letzte Person im Raum, eine andere blonde Dame mit viel Gepäck, war mit von der Partie. Und so sassen wir wenige Minuten später zusammengepfercht aber glücklich in Mohans Taxi. Vier verlorne Reisende und ein Glücksritter auf einem 130km lange Roadtrip nach Toronto. 🚕 Nach wenigen Augenblicken stellten wir uns natürlich alle gegenseitig vor: da war Estelle aus Südafrika, die blonde Frau mit viel Gepäck und Hinkebein, Mohan der Taxifahrer und Val „It‘s short for Valerie“ aus England, welche das Ganze „angezettelt“ hatte. Aufgrund ihrer Verletzung sass Estelle vorne bei Mohan und war die ganze Fahrt damit beschäftigt eine Bleibe für die Nacht, sowie einen Flug nach Calgary zu suchen. Mit einer sehr hohen und feinen Stimme erklärte sie uns, sie sei kürzlich auf einer Kreuzfahrt in Kanada angelegt und habe das so toll gefunden, dass sie wieder zurückkam um das Land zu bereisen. Gut, können wir verstehen. 😅 Val auf der anderen Seite hatte 13 Jahre in Toronto gewohnt und gearbeitet bevor sie, nach einer Scheidung, zurück nach England ging. Nun war sie auf Besuch bei ihren zwei erwachsenen Söhnen, welche in der Immobilienbranche beschäfftigt sind. Mohan schwieg meistens. Nur einmal wurde er heiter als er davon schwärmte, dass sein Onkel ein Doktor in London sei und an Krebs forsche. Was wir da noch nicht wussten: Val litt noch vor wenigen Jahren an Krebs und stieg wahrscheinlich deshalb nicht weiter auf das Gespräch ein. Dafür hatten wir noch viele weiter Diskussionen über Immobilienpreise, den Zustand und die Politik von Grossbritannien (Simon konnte sich die Liz Truss-Sprüche nicht verkneiffen) und das Leben in Kanada.
Nach etwas Feierabendstau vor Toronto endete unsere gemeinsame Queste mit dem Eintreiben der Rückerstattungen bei VIA Rail, noch bevor unser Zug, falls er denn pünktlich abgefahren wäre, angekommen sein würde. Die lustige Fahrt ist aus unserer Sicht ein gutes Beispiel dafür, dass sich auch in doofen Situationen immer irgendwo eine Tür auf tut! 😊
Nach diesem (ÖV-) Erlebnis waren wir froh, dass uns Galina anbot, uns am nächsten Tag an den Flughafen zu fahren. Schliesslich stand der erste, einzige und letzte lange Inlandflug (4h+) auf dem Programm und den wollten wir nicht verpassen. Statt durch die weiten Ebenen Mittelkanadas zu fahren, haben wir uns entschieden mit dem Flugzeug bis zu den Rocky Mountains im Osten zu fliegen. Und so hiess es: nächster Halt - Calgary.



































































